Vernichtung der Götzenbilder

In Galiläa haben zur Zeit Jesu nicht nur Juden, sondern auch Griechen und Römer gelebt. Teilweise waren die Gebiete auch von Ägyptern, Indern und anderen Völkerschaften durchsetzt. Es ist somit leicht nachvollziehbar, dass Jesus - wie weithin angenommen wird – nicht nur den Juden „sein“ Evangelium gepredigt und gelehrt hat, sondern auch mit den Götter- und Götzenlehren der verschiedenen Völkerschaften in Berührung kam. Folgende Textstellen berichten von seinem Umgang mit dem griechischen und römischen Religionskult:

2. Aber am Ende einer langen Gasse begegneten uns drei Priester des Apollo, dann ein Zeus- und ein Minervapriester in ihren abenteuerlich und sehr magisch aussehenden Priesterornaten.
3. Sie blieben vor uns stehen, und ein Apollopriester fragte uns, ob wir als Fremde etwa in den heiligen Hain, in welchem den allerersten und allerhöchsten drei Gottheiten ein Kommunetempel erbaut sei, gehen wollten. So das unsere Absicht wäre, da würden sie uns dahin geleiten und uns gegen Entrichtung eines kleinen Opfers zur Besänftigung der drei Götter alles zeigen, was es darin Sehenswertes und Wunderbares gebe.
4. Da sagte der diesen fünf Priestern nur zu wohlbekannte Zöllner Jored: „Das sind meine Gäste; die werde schon ich freihalten, und so wollet uns denn den Tempel und eure Merkwürdigkeiten zeigen!“
5. Damit waren die Priester ganz zufrieden und führten uns freundlich in den Hain, in dessen Mitte auf einem kleinen Hügel ein runder Tempel von einer ziemlichen Ausdehnung stand. Die Hälfte des Tempels war offen, und sein Dach ruhte auf zehn Säulen; die andere Hälfte aber war eine geschlossene Mauer und bildete einen festen Halbkreis. An dieser Mauer waren die marmornen Statuen der obbenannten drei Götzen angebracht. In der Mitte saß auf einem Throne der Zeus, zu seiner Rechten stand die Minerva in ihrer Kriegsrüstung und zu seiner Linken der Apollo, aber bloß mit der Leier; denn ein Apollo mit dem Sonnenwagen und mit den Pferden wäre für diese kleine Stadt zu teuer zu stehen gekommen.
6. Als wir zum Tempel kamen, da sagte der Zeuspriester: „Wollen die Herren etwa, daß eine von den drei Gottheiten etwas reden soll, so bitte ich gefälligst, mir eine Frage gütigst anvertrauen zu wollen!“
7. Sagte Ich: „Freund, dessen hat es für uns wahrlich keine Not; denn wir kennen als sehr erfahrene Menschen alle diese Vorkehrungen und wissen nur zu genau, auf welche Weise diese Statuen reden. Daher lassen wir das, und du erspare dir diese Mühe! Aber da heute niemand mehr hierherkommen und diese Götter um einen Rat fragen wird, so lasset die drei Sprecher hinter den Götzen frei, und sie sollen als sonst ganz ehrliche Menschen zu uns herausgehen!“
8. Hier stutzte der Priester und sagte mit einem gewissen magisch-priesterlichen Pathos: „Freund, du bist ein Fremder; daher rate ich dir freundlich, den ernsten Göttern gegenüber ja nicht zu freveln, da dir darum leicht etwas Übles begegnen könnte! Denn ich sage es dir, daß da hinter den Göttern kein Sterblicher lauert und Fragen für die Götter beantwortet.“
9. Sagte Ich: „Dieweil du Mich nicht kennst, so vergebe Ich dir deine Lüge; aber überzeugen muß Ich dich denn doch, daß nur Ich, und nicht du, ganz das vollste Wahrheitsrecht habe! Sieh, Ich will nun, daß diese drei Götzen im Augenblicke zunichte werden und die drei armen Sprecher frei werden und zu uns hervorgehen!“
10. Hier sagte der Priester: „Wenn du das imstande bist, dann fallen wir vor dir nieder und wollen dich als den Gott aller Götter und Menschen anbeten!“
11. Sagte Ich: „Dessen bedarf Ich nicht, und dennoch sollt ihr eine andere Herrlichkeit der Macht des wahren Gottes, verbunden mit der Macht des Menschengeistes, dadurch kennenlernen, und Ich sage nun: Ich will es, und also sei es!“
12. Sowie Ich das ausgesprochen hatte, da war von den drei Götzen auch keine allerleiseste Spur mehr vorhanden, und die drei in engen Nischen hockenden Sprecher waren sichtbar geworden und krochen ganz erschreckt und verblüfft aus ihren finsteren Verstecken ans helle Tageslicht hervor.
13. Als die fünf Priester das sahen, wurden sie sehr betrübt, und einer, der unter ihnen der beherzteste war, sagte zu den andern: „Brüder, gegen die Allmacht des Willens eines Gottmenschen ist kein Schwert zu ziehen, sondern da ist es am geratensten, sich in seinen Willen zu ergeben! Wir sind nun freilich auf einmal erwerbs- und somit auch brotlos; aber was wollen wir machen? Wir aber sind diesem Amte stets mit aller Würde vorgestanden und haben durch den kleinen frommen Betrug nie jemandem geschadet, haben über die Gebühr auch nie von jemandem ein Opfer erpreßt, haben die Menschen stets über so manches belehrt und sind ihnen stets mit einem guten Beispiele vorangegangen. Und so hoffe ich mit Zuversicht, daß uns dieser wahrhaft allmächtige Gottmensch nicht ganz verstoßen wird, so wir ihn darum bitten.“
14. Sagten die andern: „Das wäre schon alles recht; aber was wird nun das Volk, das zum größten Teile doch noch große Stücke auf unsere drei Götter hielt, dazu sagen, so es herkommen und nicht mehr finden wird seine alten, treuen Götter? Was werden wir dann zum Volke sagen?“
15. Sagte der eine: „Auch das wollen wir diesem allmächtigen Gottmenschen anheimstellen, dann wird sich dafür wohl auch noch irgendeine gute Entschuldigung auffinden lassen, und es wird das um so leichter gehen, als nun bei dieser außerordentlichen Begebenheit unser erster Vorsteher Jored zugegen war. Es handelt sich nun vor allem nur einzig und allein darum, was wir in diesem Augenblicke machen sollen.“
16. Sagte Ich: „Leget vor allem eure lächerlichen Kleider ab, und ziehet euch als ordentliche Menschen an! Kommet dann wieder zu uns, und wir werden dann schon noch weiter reden über diesen Punkt!“
17. Hier gingen die fünf schnell in ihr Wohnhaus, das gleich hinter dem Tempel erbaut war, zogen sich um und kamen alsbald mit ihren Weibern und Kindern zu uns. Weiber und Kinder aber machten ein großes Gejammer, als sie den Tempel ganz leer fanden, und fragten nach Mir, der Ich ihnen ein so großes Unglück bereitet habe.
18. Da trat Ich zu ihnen hin und sagte: „Ich bin, den ihr suchet! Wollt ihr euch denn nicht lieber mit dem Werke der Wahrheit als mit diesen Werken des Betruges und der losesten Lüge ernähren?“
19. Da sagten die Weiber: „Das wollten wir allerdings lieber; aber wer wird uns für Werke der Wahrheit etwas geben?! Wir wissen es schon lange, daß an unseren Göttern nichts Wahres mehr haftet. Aber was nützet uns das?! Wo nehmen wir denn bessere und wahrere her? Diese unwahren haben uns doch ernährt; wie werden uns denn die wahren ernähren, die wir noch nicht haben?“
20. Sagte Ich: Darum habt ihr Weiber euch nicht zu sorgen und zu kümmern; das werden schon eure Männer tun, wenn sie, anstatt Götzenpriester zu sein, Priester und Diener des lebendigen Wortes Gottes werden!“
21. Sagten die Weiber: „Und wer wird ihnen solches geben?“
22. Sagte Ich: „Auch um das habt ihr euch nicht zu kümmern! Ich aber sage nun euch albernen Weibern: Gehet mit euren Kindern nun nur fein wieder dahin, von wannen ihr gekommen seid, ansonst Ich genötigt wäre, euch dazu zu zwingen; denn ihr habt noch zu essen und zu trinken genug! Wenn ihr nichts mehr haben werdet, dann wird schon gesorgt werden, daß ihr mit euren Kindern nicht verhungern werdet! Gehet einmal hinaus auf eure Äcker, Gärten und Wiesen, und arbeitet auch ein bißchen! Das wird euch dienlicher sein als eure Götterwascherei und Göttermacherei aus Lehm und Wachs.“
23. Hier schoben die fünf Priester ihre Weiber und Kinder zurück in ihre Wohnungen; sie selbst aber kamen bald voll Freundlichkeit zu uns zurück.


Kapitel yz


1. Und der Minervapriester, als der beherzteste und auch wissenschaftlich gebildetste, trat zu Mir hin und sagte: „Herr und Gottmensch, oder wer du auch seist, ich habe aus deinen wenigen Worten an unsere unbändigen Weiber entnommen, daß du ein guter, weiser und höchst billig denkender Mann bist, der mit sich wahrscheinlich auch ein billiges Wort wird sprechen lassen! Und da ich das als ganz sicher voraussetze, so bitte ich dich, mich gefälligst und mit einiger Geduld anzuhören. Sieh, ich weiß es, daß das, was du uns für diesen alten Heidenkram geben wirst, sicher ums unaussprechliche besser sein wird als das, was wir auch als das Allerbeste in unseren Erkenntnissphären aufzuweisen haben; aber es handelt sich hier nicht um das, sondern um ganz etwas anderes, und das ist es eigentlich auch, warum ich dich um dein geneigtes Gehör gebeten habe!
2. Sieh, es handelt sich hier erstens um die mögliche Aufrechterhaltung der Staatsgesetze mit Hilfe von allerlei guter Lehre über das Dasein übersinnlicher Kräfte und Mächte in der Natur, die wir im allgemeinen Götter nennen! Um sie dem Volke zu versinnlichen, haben wir sie ihm in entsprechenden Bildern vor seine Augen gestellt in reinen, kunstgerechten Formen. Das Volk hat sich schon von der Wiege an daran gewöhnt und hat sich bei ihrem Anblicke stets erbaut und sicher so manche gute und fromme Betrachtung dabei angestellt. Wir Priester haben aber auch unter Hinweisung auf die erhabenen Bilder ein leichtes gehabt, dem Volke so manche gute und nützliche Lehre beizubringen, was ohne diese Bilder sicher eine viel schwierigere Aufgabe gewesen wäre.
3. So das Volk an einem bestimmten Tage sich hier versammeln und die altgewohnten drei Gottheitsbilder nicht mehr sehen wird, so weiß ich da wahrlich nicht, wie die Geschichte ablaufen wird. Wir würden uns wohl ganz sicher sehr lebhaft und mit den glühendsten Worten mit dir ausreden und feierlichst entschuldigen; aber wo wirst du als ein fremder Reisender in derselben Zeit sein? Wir haben freilich zum größten Glücke hierortige höchst angesehene Zeugen aufzuweisen; aber es wird uns am Ende auch mit denen gegen ein wild gewordenes, gemeines Volk nicht viel gedient sein, und so hätte ich dich nur noch auf eine kurze Zeit um die dir leicht mögliche Wiederherstellung der drei Statuen der guten Sache wegen flehentlichst gebeten. Wir aber werden dennoch deine Lehre ganz und mit dem dankbarsten Gemüte annehmen und sie auch dem Volke überliefern und so die drei Gottheiten hier ganz entbehrlich machen, dessen du völlig versichert sein kannst; aber nur jetzt auf einmal und mit einem Schlage wird das schwer oder eigentlich schon gar nicht gehen!
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Durch die in der Bibel beschriebene Tempelreinigung hat Jesus das leere Blendwerk des alten Judentums, das vornehmlich in der Verehrung der Bundeslade und dem Tempel des jüdischen Königs Davids, deren Diener die damaligen Pharisäer waren, bestand, offen gelegt. Wie hier nun beschrieben, entblößte er aber auch das damalige Heidentum, deren Priesterschaft eher atheistisch war und mehr der reinen Wissenschaft anhing.

Im vollständigen Text folgen elendslange Bedenklichkeiten der Götzendiener und -priester gegen die Beseitigung der nichtigen Götterbilder, die Jesus aber alle recht bald zerstreut. Er bezeichnet sie alle als blinde und taube Führer, die selbst an nichts glauben und das gemeine Volk für dumm verkaufen will. Haben sie alle von den bisherigen Lügen gut leben können, um wie viel mehr müssten sie von der Wahrheit versorgt sein und leben können - eine Wahrheit, die heute mehr den je Not tut, aber offenbar niemand auszusprechen sich getraut.

siehe auch:
Totaler Krieg
Haus meines Vaters