Stellungnahmen:
Osterhase und Jesus II
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- Kategorie: Stellungnahmen
- Erstellt: Montag, 21. April 2014 16:37
- Zuletzt aktualisiert: Freitag, 20. März 2020 08:37
- Geschrieben von Famulus
In unserer vorherigen Stellungnahme sind wir weder dem Osterhasen noch Jesus gerecht geworden. Beide möchten wir mit einer Art Hommage und einem eigenen Artikel ehren. Beide haben einen zusätzlichen Kommentar zum vorherigen Beitrag verdient und eine Tiefe, der wir in der vorigen Stellungnahme auf eine fremde Wortmeldung, umständehalber nicht eingehen konnten.
Stellungnahme von gott.cooperative :
Der Osterhase erklärt in leicht verständlicher Form die Grundelemente der Mystik, die man in drei Phasen unterteilen kann. Die erste Phase ist die des Kindes, das an den Osterhasen glaubt und solange es an diesen glaubt, es für das Kind diesen Osterhasen in welcher Form auch immer, tatsächlich gibt. Es ist wahrscheinlich die schönste Zeit, in der man die ganze Wahrheit noch nicht kennt und in einem einfachen Kinderglauben verharrt. Es gehört aber zum Erwachsenwerden, dass man immer mehr von der Wirklichkeit ergriffen und von dieser eingeholt wird und man den oft schönen und einfachen Kinderglauben ablegen muss. Das betrifft nicht nur den kindlichen Osterhasenglauben, sondern durchzieht alle Lebensbereiche und ist vielleicht in der Sexualität für einen Heranwachsenden noch ähnlich dramatisch. Die hier beschriebene zweite Phase ist wohl die enttäuschenste Zeit im mystischen Erleben. In der Bibel ist es die Stelle nach dem Sündenfall, mit der Vertreibung aus dem Paradies. Die Sünde, die vielleicht darin bestand, dass man den Gleichaltrigen mehr geglaubt hat, als den uns beschenken wollenden Eltern, hat seinen Weg zu uns gefunden und wir sind gewarnt, nicht mehr jedem Osterhasen, Nikolaus, Klapperstorch oder was auch immer auf den Leim zu gehen. Die Welt reduziert sich auf das, was sie ist und bei viel äußerem Schein bleibt oft nur mehr sehr wenig wirkliches Sein; ein Sein, das trotz größer Enttäuschung, die nicht gegenständliche, elterliche Liebe hinter dem Klapperstorch und dem Osterhasen sehen und verstehen sollte. Das Verstehen und Hineinwachsen in dieses Sein ist dabei die letzte und schwierigste Phase.
Auch der Glaube an Jesus durchläuft diese drei Phasen. Dem Glauben an den uns alle liebenden Gott, der sich selbst zu unserer Erlösung am Kreuz hingibt und viele Wunder gewirkt hat, folgt die Erkenntnis, dass wir in unserer Gotteskindschaft selber Jesus zu verwirklichen haben und er uns nicht einfach irgendwo an einer Bushaltestelle mitnimmt. Hier beginnen auch die Zweifel, ob das was Jesus angeblich vollbracht hat, überhaupt möglich ist oder ob alles nicht nur pädagogische Erzählungen à la Struwwelpeter oder Max und Moritz sind, um Menschen gefügsam zu halten. Zu gerne würde man all diese Geschichten annehmen, aber die Wirklichkeit prallt hier zu hart auf einen naiven Glauben. Es ist immer wieder eine Herausforderung abzuwägen, was man glaubt und wo man sich Gott anvertrauen muss, kann und darf. Den eigenen Vogel und den der anderen vom Heiligen Geist, dem wahren Geist Gottes, unterscheiden zu können, ist teils eine Frage der Erfahrung, die man nirgendwo studieren kann, teils ein Charisma, das einem mitunter durch Gnade zufällt. Gottes Stimme hören zu können, ist kostbarer als Gold, Silber oder Edelsteine. Auf seinen Wegen zu gehen, kann viel Mühsal, Entbehrungen und sogar den Tod bringen, es bringt aber für alles eine Entschädigung bzw. Entlohnung, die jeden Einsatz um ein Vielfaches wett macht. Wer solches wie Jesus freiwillig auf sich lädt, hat nicht alleine nur einen Glauben, sondern auch ein Wissen um diese Kraft und ein Vertrauen an diese Macht, die vielen unverständlich ist. Man muss in die Figur von Jesus hineinwachsen, um zu erkennen wie groß der noch zu überwindende Abstand zwischen ihm und uns ist. Um seine Einmaligkeit und Einzigartigkeit zu verstehen und zu erkennen, bedarf es mehr als nur das Verstehen von allen Weisheiten dieser Welt; es bedarf der tätigen Gnade des „Herunterneigens“ und des Offenbarens Gottes selbst.
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Man glaubt, dass die Mystik ein Geheimnis sei, durch das wir in eine andere Welt eintreten;
sie ist aber nur, oder sogar, das Geheimnis in unserer Welt anders zu leben.
Robert Musil (6. Nov. 1880 – 15. April 1942)
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