Rechte und linke Christen
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- Kategorie: Startseitenbeiträge
- Erstellt: Donnerstag, 30. Dezember 2010 10:57
- Zuletzt aktualisiert: Samstag, 21. März 2020 09:13
- Geschrieben von Famulus
Dass auch in Christus nicht alle Christen gleicher Meinung sind und teilweise gravierende Differenzen bestehen, ist nicht nur eine Folge vom unterschiedlichen Erkenntnisgrad einzelner Christen, sondern auch eine Frage eines rechten und linken Zustandes. Die Einteilung links und rechts nehmen wir aus der Politik und wollen dies religiös modifiziert verwenden, um aufzuzeigen, dass es nur Zustände sind und keine grundsätzliche Positionen oder Ausrichtungen, die mit aller Schärfe zu verteidigen sind. In Gott gibt es kein Verharren oder tödliche Erstarrung, sondern nur Leben und Bewegung.
Links wollen wir Jesus am Kreuz sehen, als er „Eli, Eli, lama asabtani?“ gerufen hat. Links ist der Zustand des abgeschnitten Seins von Gott, des nicht Erkennenkönnens von Gott. Auf einer anderen Stufe kann hier Hiob genauso aufgezählt werden so wie das moderne Theaterstück „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett, wo zwei Landstreicher auf einen Godot warten, der aber nie kommt und von dem man nicht einmal sicher ist, ob er überhaupt existiert. Ein sehr trostloses Stück, das die Hilflosigkeit und das menschliche Verlassensein dramatisiert. Hier finden sich Aussagen wie „macht kaputt, was euch kaputt macht“ ebenso wie, „es ist alles egal und sinnlos“. Links ist auch der Zustand, der Selbsterkenntnis, der ersten Menschen im Paradies, als sie sahen, dass sie nackt waren oder der Selbstverkrümmtheit, die es unmöglich macht Gott aktiv zu suchen. Links ist nicht irgendein Atheismus, den die Lippen bekennen und der Verstand irgendwie zu formulieren versucht, sondern ein tiefes Bauchgefühl des Verlassenseins und der Leere, wo Kraftlosigkeit die Hand erschlaffen lässt, anstatt Gott den Finger zur Berührung hinzuhalten, wie bei der Erschaffung des Adams von Michelangelo. Ohne dieses aktive (wenn auch schwache) Zugehen auf Gott ist aber keine Berührung mit Gott möglich.
Rechts fühlt sich auf der anderen Seite im Recht; im Recht für Gott zu sprechen oder in überhöhter Form sogar glaubt, Gott selber zu sein. Ob man Gott, den kein Mensch erfassen kann, wirklich als solchen erkannt hat oder ob alles nur eine Fata Morgana war, die sich bei weiterer Annäherung wieder in Luft auflöst und wieder entschwindet, ist für das Hochgefühl unerheblich. Jesus ist rechts, wenn er sagt mir hat der Vater alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Rechts ist das sich in Einklang fühlen mit dem allmächtigen Gott. Alle rein monotheistischen Religionen, die sich selber erlösen wollen, wie das Judentum oder der Islam sind rechts. Jede Zwangsmissionierung und jede sozialistische Zwangsbeglückung ist rechts.
Das menschliche Dasein ist zwischen diesen Beiden. Man befindet sich wie auf einer Himmelsleiter, wo man einmal den rechten und dann wieder den linken Fuß nachsetzen muss. Wer aufsteigen will, kann nicht auf einem Bein verharren, sondern muss, wenn er gerade das rechte Bein belastet mit dem linken Fuß nach der nächsten Sprosse tasten. Wer gerade mit dem linken Bein auf der Sprosse steht, muss mit dem rechten Fuß die nächste Sprosse suchen. Links und rechts sind zwei notwendige Gegensätze, die nur in Gott, der letzten und höchsten Wahrheit, ihre Vereinigung erfahren. Jede Stufe führt zu höheren Erkenntnissen und hinein in die tiefen Geheimnisse Gottes, denen wir nur allmählich und in kleinen Portionen würdig sind.
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Die Würde des Menschen bemisst sich danach,
wie viel Wahrheit er verträgt.
Charles Tschopp (Schweizer Schriftsteller 7.Sep 1899 - 29.Mai 1982)