Führung der Völker

Wie mehrfach erwähnt, hat Jesus weit mehr gesprochen, gelehrt und gewirkt als in der gängigen Überlieferung wieder gegeben wird. Wir zitieren hier aus einer Stelle, wo über die Notwendigkeit all des Bösen, so wohl von einzelnen Menschen als auch von ganzen Völkerschaften und den angeblichen Ungerechtigkeiten auf dieser Welt gesprochen wird. Jesus ergreift dabei selbst das Wort.

2. Sage Ich: „Ja, meine liebste Tochter, um das zu erörtern in der Fülle, würde uns alle viel zu weit führen; aber ein Paar Gleichnisse will Ich dir und dadurch auch all’ den andern darüber geben. Wer sie fassen wird, dem wird nebst dem noch so manches klar werden; und darum merket und horchet wohl auf Mich!
3. Man hat verschiedene Getreidearten, als den glatten und bärtigen Weizen, die zweizeilige und vierzeilige Gerste, das hohe Korn, den Hafer, den großen Maisweizen, dann hat man die Linsen, die Wicken und verschiedene Gattungen von Bohnen; und seht, diese verschiedenen Gattungen brauchen auch stets einen verschiedenen Boden, ohne dem sie gar nicht gedeihen würden. Eine Gedreideart braucht einen festen Lehmboden, der aber stets gut gedüngt sein muß, ansonst aus dem Getreide nichts wird, wieder braucht eine andere Getreideart einen lockern und steinichten, und eine andere einen sandigen Boden. Manche Getreideart benöthiget eines feuchten, und wieder eine andere einen trocknen Boden; das alles lehrt die Menschen die Erfahrung.
4. Gleicher Maßen brauchen verschiedene Menschen auch eine verschiedene Erziehung, je nachdem ihre Herzen und Seelen vor der Hand beschaffen sind! — Wie es sich aber mit einzelnen Menschen als Kinder oft eines und desselben Vaters verhält, also verhält es sich auch mit ganzen Gemeinden und mit ganzen großen Volksstämmen; da ist ein Volksstamm, der braucht eine weiche, also mehr lockere Behandlung, und er gedeiht zum großen Segen der andern Völker der Erde. Ein anderer Volksstamm braucht wieder eine harte Behandlung, ansonst er bald ausarten und verkümmern würde zum Fluche der Nachbarvölker. Wieder hat ein Volksstamm eine entschiedene Neigung zum Herrschen und zum Tyrannisiren über seine Nebenmenschen. Für die Seelen solcher Menschen ist dann nichts besser, als daß sie auf viele Jahre in eine rechte Sklaverei verfallen, da sie so recht durch und durch gedemüthigt werden; haben sie sich im Demüthigen wohl zurecht gefunden, und ertragen sie ihr Loos endlich mit aller Geduld und ohne Murren, dann werden sie wieder zu freien Bürgern der Erde, und als eine veredelte Frucht auf den besten und fettesten Boden sicher bald überaus üppig fortkommen.
5. Seht, das ist nun ein Bild, das eben für euch alle ganz leicht zu begreifen sein soll, indem ihr doch schon so manches begriffen habt;
6. um aber diese recht sehr wichtige Sache noch anschaulicher zu machen, so stelle Ich euch die Theile des menschlichen Leibes dar, von denen auch ein jedes Glied eine andere Form, darum eine andere Behandlung und, so es krank ist, natürlich auch eines andern Heilmittels bedarf, damit es genese. So jemand einen Schmerz im Auge fühlt, muß er dagegen sicher ein ganz anderes Mittel gebrauchen, als für den Schmerz in einem oder dem andern Fuße; wer da ein Leiden im Bauche hat, muß es anders behandeln, als hätte er eines in einer oder der andern Hand, und so muß bei den Krankheiten des Leibes auch darauf gesehen werden, ob sie junge oder alte und hartnäckige Uebel sind; ein junges läßt sich mit einem leichten Mittel heben, während ein altes einer starken Medizin nahe auf Leben und Tod benöthigt, um aus dem Leibe als das alte Uebel geschafft zu werden. Die Menschen aber entsprachen mit ihren Seelen immer auch den einzelnen Gliedern ihres Leibes; — je nachdem dann irgend eine Seele mehr einen edleren oder unedleren Gliede ihres Leibes entspricht, desto mehr muß sie auch entsprechend also behandelt werden, wie das einzelne Glied, dem sie entspricht.
7. Aus diesem Bilde sind dann auch wieder die verschiedenen Verhältnisse der Menschen bezüglich ihrer seelisch-sittlichen Sphäre eben so verschieden zu behandeln, wie ihre einzelnen Glieder, denen sie in ihrer seelisch-sittlichen Sphäre entsprechen. — Ein gar schlechter Zahn im Munde muß am Ende, wenn alle andern Mittel nichts helfen, ausgerissen und vertilgt werden, damit es die gesunden Zähne nicht anstecke; eben so ein unverbesserlicher böser Mensch aus einer Gemeinde, auf daß nicht die ganze Gemeinde durch ihn verdorben werde. So auch muß oft ein ganzes Volk, wenn schon nicht physisch, so doch moralisch vertilgt werden, auf daß am Ende nicht alle Völker der Erde durch dasselbe verdorben werden.
8. Sehet nach in der Chronika, und ihr werdet es finden, welch’ ein großes Volk einst die Babylonier, die Niniviten, die Meder, die Perser, die Egyptier, die alten Griechen und die Trojaner waren; wo sind alle diese Völker nun? — Wo — sind die Gomorrhiten und die Sodomiten und wo die Völker der Zehn Städte?! — Ja physisch bestehen sie wohl noch in ihren verwahrlosten Nachkommen, die aber keinen Namen irgendwo mehr haben und auch nie wieder unter den alten Namen zu irgend einem Volke dieser Erde werden; denn es ist kaum was noch irgend Schlechteres denn ein alter Name, an dem viel eitlen nichts sagenden Ruhmes klebt; solcher Art Menschen oder Völker halten sich am Ende eines solchen uraltberühmten Namens wegen für vieles besser und ehrwürdiger, als irgend eine junge Völkerschaft, die durch Sanftmuth, Demuth und Liebe gegen ihre Brüder sich im vor Gott gerechten Zustande befindet.
9. Wenn ihr das nun so nur mit einiger Aufmerksamkeit betrachtet, so werdet ihr es bald finden, wie gut und gerecht der Vater im Himmel ist! — Denn diese Erde hat einmal die feste Bestimmung, daß auf ihr für die ganze Unendlichkeit Kinder des Geistes Gottes erzogen werden, und es ist darum nöthig, daß der Boden stets mehr hart und mager, als zu locker und zu fett gehalten werde.
10. Das mit dem edlen Getreide aufschießende Unkraut hindert darum, weil es mit wächst und reift, das gesegnete Gedeihen der edlen Frucht nicht, dieweil es nach der Hand dennoch wieder zum Düngen des hie und da zu hart und mager gewordenen Erdreichs gar sehr dienlich ist; kurz und gut, was Gott zuläßt, ist gut, und am Ende ist dem vollends reinen Menschen dennoch alles rein, was die Erde in und auf sich und über sich trägt. Saget, ob ihr alle dieß nun von Mir Gesagte ganz verstanden habt?“

Es ist hier nur die wichtigste Passage wieder gegeben. Viele Klagen über das damalige Pharisäertum und dem herunter gekommenen jüdischen Gehabe gehen diesem Text voraus, was das Gesagte weiter verständlich macht. Die Antwort passt aber in jede Zeit und machen die Kräfte, die von Gott aus auf verschiedenen Stufen bzw. Ebenen wirken, anschaulich. Es fehlt im vollständigen Text auch nicht eine detaillierte Begründung über das Gericht, das dem jüdischen Volke in Aussicht gestellt ist.

siehe auch:
Nanny-State