Stellungnahmen:

Das Allerheiligste kann warten

Der Grazer Bischof Egon Kapellari hat – wie kath.net am 12.Okt.2010 berichtete – im Dom von Brixen in einer Predigt sich für eine Schwelle für das Allerheiligste ausgesprochen und gegen eine Liturgie als Knetwachs zur beliebigen Ausgestaltung.

Stellungnahme von gott.cooperative :

Wir hatten fest vor, uns nicht zu irgendwelchen mystischen oder spirituellen Riten, Praktiken oder Techniken zu äußern - weder zu christlichen Sakramenten, zu Wandlungsworten, zu asiatischen Jogatechniken noch zu Voodooritualen oder zu sonst irgendetwas. Die Worte in der Predig von Bischof Egon Kapellari legen aber eine Brücke, die wir erweitern möchten.

Der Hauptfehler der Liturgie ist sicher, dass man diese unbedingt an dem letzten Abendmahl Jesus, das er vor seinem Tod mit seinen Jüngern gefeiert hat, festmachen will, und sich das ganze „Christsein“ meist auf dieses eine Ereignis beschränkt. Das Segnen von Brot und Wein und das anschließende Teilen hat aber eine Symbolkraft, die weit darüber hinausgeht. Es sollte etwas Alltägliches sein, das man beim Familienvater (-mutter), der (die) ein Tischgebet spricht, genauso wiederfindet, wie bei einem Hochzeitsfest oder bei einem Trauermahl. Bei Jesus selbst findet man viele Mahlgemeinschaften. Das beginnt vielleicht bei der Hochzeit von Kana, geht weiter bei der Speisung der Viertausend bis zu andern Passah-Festen, die Jesus sicher auch schon vor seinem letzten Abendmahl mit seinen Jüngern gefeiert hat und wird enden bei dem Mahl, das Jesus all jenen bereiteten wird, die ihn lieben. Wurde Jesus von den Pharisäern nicht als Fresser und Säufer beschimpft ? Die sonntäglichen Messfeiern und Kindergottesdienste sind eher mit den Ausspeisungen der Viertausend in Verbindung zu bringen und das Allerheiligste, das wirkliche Abendmahl, sollte nur bei anspruchsvollerem Rahmen vergegenwärtigt werden - das Allerheiligste kann warten. Man kommt an einer Definition was Liturgie wirklich sein soll, nicht vorbei z.B.: will man mit Liturgie alle Mahlgemeinschaften versinnbildlichen und kann man überhaupt „Christsein“ nur auf Mahlgemeinschaften reduzieren. Die Liturgie wird dann zu einem Knetwachs, wenn man versucht darin alles abzubilden (von der Verkündigung über die Taufe bis zur Caritas und zum Passionsspiel). Das II. Vatikanische Konzil hat eine Aufweichung des steifen einheitlichen Ritus gebracht, um auf einzelne Anlässe gestalterisch besser eingehen zu können und nicht um alles durcheinander zu bringen oder um alles miteinander zu vermischen. Es liegt dadurch mehr am Verstehen und in der Verantwortung des Einzelnen die richtige Rolle zu finden und diese Rolle wie eine guter Schauspieler zum Leben zu erwecken.

Abschließend sei hier noch auf die Ökumene eingegangen, die sich laut letzten Meldungen bei der Liturgie völlig festgebissen hat. Eine Ökumene, die sich an der äußeren Form manifestieren möchte und nicht auf einem inneren tieferen Verständnis gegründet ist, kann nur scheitern. Niemand lädt einen anderen zum Essen ein, bevor er sich mit dem anderen nicht schon gut angefreundet hat. Was im alltäglichen Leben selbstverständlich ist, sollte auch im spirituellen selbstverständlich sein. Das Problem ist nicht die Liturgie, sondern, dass wir uns außerhalb der Liturgie als Christ nicht herausheben können aus all den anderen und glauben, dass die Liturgie das Trennende zwischen uns ist.

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Freundlichkeit in Worten schafft Vertrauen.
Freundlichkeit im Denken schafft Tiefe.
Freundlichkeit im Geben schafft Liebe.

Lao-Tse (6. Jahrhundert v. Chr.)