Stellungnahmen:

Tempelreinigung

Vorwort:
Wie in der Bibel berichtet (Joh. 2,13 – 2,25), reinigte Jesus zu Beginn seiner öffentlichen Tätigkeit den Tempel zu Jerusalem von Händlern, Verkäufern und Geldwechslern. Geistige Schriften beschreiben meist nicht nur einen rein historischen, sondern oft auch einen geistigen Sachverhalt. In Gleichnissen stehen ohnehin nur die rein geistigen Zusammenhänge - verpackt in verständlichen Geschichten – im Mittelpunkt. So gibt es nicht nur in der Genesis mit der Erschaffung der Welt in sieben Tagen eine geistige versteckte Aussage, die die geistige Entwicklung des Menschen zum Thema hat, sondern auch in der Tempelreinigung. Jesus selbst spricht öfter von seinem Körper als dem Tempel Gottes und so auch während der Tempelreinigung: (soweit nicht anders angegeben, werden in dieser Beitragsrubrik „Schrifttum“ Quellen von Christus-Lichtgestalten [siehe www.gott.co.at bzw. www.ich-bin-gott.info] verwendet.)

3. Der Tempel stellt den Menschen dar in seiner naturmäßig-weltlichen Sphäre. Im Tempel aber wie im Menschen befindet sich ein Allerheiligstes. Deswegen soll auch das Äußere des Tempels heilig und lauter gehalten werden, auf dass das Innerste als Allerheiligstes des Tempels wie des Menschen nicht entweiht wird.
4. Es ist das Allerheiligste des Tempels zwar wohl durch einen starken Vorhang (die Bundeslade war im Tempel zu Jerusalem hinter einem starken Vorhang, der bei der Kreuzigung von Jesus in zwei Teile gerissen wurde)(1) bedeckt, und es durfte nur zu gewissen Zeiten der oberste Priester allein in das Allerheiligste treten. Aber der Vorhang und eben so der nur selten gestattete Besuch des Allerheiligsten ist ein Schutz vor der Entehrung des Allerheiligsten. Wenn da Jemand mit seinem Leibe sündigt, da verunreinigt er nicht nur den Leib, sondern auch seine Seele und durch sie auch seinen Geist, der in jedem Menschen das Innerste und Allerheiligste darstellt und es auch wirklich ist. Es ist im Menschen dieses Allerheiligste so, wie eben dasselbe entsprechend im Tempel, tiefst hinter einen starken Vorhang gestellt. Nur der alleinigen Liebe zu Gott ist es gestattet, die ein echtester Oberpriester Gottes in jeglichem Menschen ist, straflos in dieses Allerheiligste zu dringen und zu lüften den Vorhang. So aber dieser einzige Oberpriester im Menschen selbst unrein wird, indem er sich an unreine weltliche Dinge hängt und mit ihnen eine gemeine Sache macht, wie soll da das Allerheiligste heilig bleiben, so es von einem unreinen Oberpriester besucht wird!?
5. Wenn so nach im Tempel wie im Menschen Alles unrein geworden ist, dann kann es vom Menschen aus auch nicht mehr gereinigt werden; denn so der Besen voll Kot und Unflat ist, wie soll er taugen zur Reinigung eines Gemaches!? Da muss dann leider Gott selbst die Hand ans Werk legen und mit Gewalt den Tempel reinigen, und zwar durch allerlei schmerzliche Dinge, als da sind Krankheiten aller Art und andere scheinbare Unglücksfälle, auf dass der Tempel wieder rein wird.
6. Verkäufer und Käufer sind die niederen, unreinen Leidenschaften im Menschen, das zum Verkauf gebotene Vieh stellt die unterste Stufe tierischer Sinnlichkeit dar, und zugleich auch die dadurch erzeugte große Dummheit und Blindheit der Seele, deren Liebe gleich der eines Ochsen ist, dem sogar die sinnliche Zeugungs- und Geschlechtsliebe mangelt, und ihn allein noch die aller gröbste polypenartige Fressliebe belebt, und deren Erkenntnis gleich ist dem bekannten Erkenntnisvermögen der Schafe!
7. Was besagen denn hernach die Wechsler und ihre Geldgeschäfte? Diese besagen und zeigen im Menschen alles das, was da hervorgeht aus der schon ganz tierisch gewordenen Eigenliebe des Menschen; denn das Tier liebt nur sich, und ein Wolf frisst den andern auf, so er Hunger hat. Diese Wechsler, oder solche tierische Eigenliebe so nach muss auch mit aller schmerzlichen Gewalt hinausgeschafft werden aus dem Menschen, und alles das, was diese Liebe belebt, muss umgeworfen und verschüttet werden!
8. Ja, warum denn nicht ganz vernichtet? — Weil auch solcher Liebe nicht die Freiheit benommen werden darf; — denn der edle Same oder das Weizenkorn wird ja einem mit tierischem Unrat wohl gedüngten Acker am besten fortkommen und eine reiche Ernte geben. Würde man aber dem Acker den Dünger ganz nehmen, um ihn gleichsam von allem Unrat vollends rein zu machen, so würde dadurch das edle Weizenkorn nur schlecht fortkommen und sicher eine sehr missliche Ernte abgeben.
9. Der Unrat, der Anfangs haufenweise auf den Acker gebracht wird, muss auseinander geworfen und verschüttet werden, so wird er dann dem Acker dienen; würde man ihn aber in großen Haufen beisammen lassen, da würde er – überall wo er liegt - Alles ersticken und den andern Ackerteilen nichts nützen.
10. Darinnen liegt daher der entsprechende Grund in der biblischen Tempelreinigungsgeschichte, dem zur Folge Jesus der Wechsler Geld nur verschüttet hat und nicht völlig vernichtet hat, was Jesus wohl auch sehr leicht möglich gewesen wäre.
11. Was stellen aber dann die im Innern des Tempels vorhandenen Taubenkrämer vor, die auch hinaus und auf ihre alten angewiesenen Plätze weichen mussten?
12. Darunter versinnbildlicht sich die äußere Tugend, die da besteht in allerlei Zeremonie, Anstand, Höflichkeit, Artigkeit und der Gleichen mehr. Die äußeren Tugenden wollen die Menschen in einer rein weltlichen Beziehung aber in ihrer Blindheit zu einem inneren Lebenswert erheben und glauben, dass darin das wahre Leben des Menschen gründe.
13. Die Taube ist ein Lufttier, und sie ist im Orient häufig als Briefbote, besonders in Sachen der Liebe, benutzt worden und sie wurde solcherart auch schon bei den alten Ägyptern als Hieroglyphe zur zärtlichen und zierlichen Konversation verwendet. So diente sie auch als Zeichen solcher Konversation mit Gott im Tempel. Die Taube war daher ein übliches und entsprechend sinnbildliches Opfertier, das gewöhnlich junge Eheleute bei der Erstgeburt im Tempel als ein Zeichen zum Opfer brachten. Dies zum Zeichen dafür, dass sie nun solcher äußerer Botschaften, Artigkeiten und zeremoniellen Zierereien ledig geworden und nun in die wahre innere leben gebende Liebe eingegangen sind.
14. Nun aber gehört der Ordnung aller Dinge nach das Äußerste ins Äußerste und damit darf die Rinde nie im Marke des Baumes sich befinden, da sie an und für sich etwas ganz totes ist. Alles, was zur Rinde gehört, muss sich auch in der Rinde lagern. Die Rinde aber ist dem Baum von großem Nutzen, so sie auf ihrem Platze in gerechtem Maße vorkommt. So aber Jemand wollte die Rinde ins Mark des Baumes schieben, indem er zuvor dem Baum das Mark nähme, da müsste dann der Baum ja auch sobald verdorren und sterben!
15. Und also wird zum Zeichen, dass die Menschen alle die äußerlichen Tugenden nicht zur Sache des inneren Lebens machen sollen, wodurch der edle Mensch bloß zu einer Konversationspuppe oder Roboter würde. Diese Taubenkrämer als im weiten Sinne also alle Äußerlichkeiten, und im engeren Sinne alle die Meister dieser Äußerlichkeiten, die ihre Ware zur inneren Lebensware zu erheben bemüht sind, sind von Jesus ebenfalls, nur etwas artiger, aus dem Tempel geschafft und auf ihren ordentlichen Platz verwiesen worden.
16. Das ist demnach der geistige Sinn der vorliegenden Tempelreinigung und aus der richtigen und unwandelbaren Entsprechung zwischen dem Menschen und Tempel lässt sich auch erkennen, dass derart nie ein Mensch, sondern nur Gott allein als die ewige Weisheit, die Alles sieht und kennt, also handeln und reden kann.
17. Warum aber bleibt nach solcher Reinigung der Herr noch nicht im Tempel?
18. Weil Er allein weiß, wie das Innere des Menschen bestellt sein muss, damit Er im Menschen eine bleibende Wohnstätte nehmen kann. Zugleich darf dem Menschen nach einer solchen Fegung die Freiheit nicht genommen werden, da er sonst zu einer Puppe würde.
19. Der Herr darf Sich so nach dem gewaltsam gefegten inneren Menschen noch nicht anvertrauen; denn Er allein weiß es, was zur vollen Herstellung des inneren Menschen nötig ist. Daher geht der Feger wieder aus dem Tempel und fließt wie zufällig von Außen in das Innere des Menschen hinein. Gott fügt sich nicht den Anforderungen des Menschen, dass Er bei und in ihm bliebe und ihn unterstützte in der Trägheit, sondern da muss der Mensch wieder zur vollen Selbsttätigkeit erwachen und durch sie erst ein vollkommener Mensch werden.

Schlusswort:
Man erkennt in dem hier Geoffenbarten eine weit größere Weisheit, als es z.B.: von dem Mystiker Johannes vom Kreuz (1542-1591) bekannt ist, der von einer geistigen Nacht nach einer Geist-taufe, die hier Jesus selbst als Tempelreinigung darstellt, berichtet.

(1) Durch das Zerreißen des Vorhanges und damit vollständige Offenlegung der Bundeslade bzw. des mosaischen Gesetzes wurde das Alte Testament von Jesus endgültig aufgehoben. Jesus hat das Menschen Innerstes durch das Neue Testament mit dem alleinigen Gebot der Gottes- und Nächstenliebe ersetzt.