Stellungnahmen:
Die Sünden Abrahams
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- Kategorie: Leitartikel
- Erstellt: Sonntag, 18. Januar 2015 16:24
- Zuletzt aktualisiert: Samstag, 21. März 2020 11:38
- Geschrieben von Famulus
Einen Beitrag auf KOG über Abraham, den Stammvater des Judentums, des Christentums und des Islams, wollen wir hier, ob seiner zentralen weltgeschichtlichen Bedeutung, weiter vertiefen. Er gilt für sehr viele Menschen als Leitfigur und Vorbild und es lohnt sich in Abrahams Welt- und Gottesbild bzw. -verständnis tiefer einzutauchen. Nicht zuletzt gehen noch heute einige religiöse Praktiken auf Abraham zurück. Abraham wird in Ur (im heutigen Syrien) geboren und bricht von dort mit seinem Vater Terach und den anderen Familienmitgliedern nach Kanaan auf. Wesentliche Stationen seines Lebens in den alten Schriften sind:
- ♦ Abraham gibt zweimal (1.Moses 12,10-20 & 1.Moses 20,1-18) seine Frau Sara als seine Schwester aus, um sie einmal dem ägyptischen Pharao und ein andermal Abimelech, dem König von Gerar, anzubieten. Beide Male generiert er daraus Vorteile und kommt dadurch aufziehenden Konflikten, wegen möglicher Begehrlichkeiten der Herrschenden nach Sara, zuvor. Dieses Verhalten erscheint nicht sehr tugendhaft und Abraham kommt hier in den Verruf der Zuhälterei, obwohl seine Vorgehensweise nachvollziehbar und klug erscheint. Man fragt sich zu Recht, was hier gottgefällig sein soll und wie Abraham hier Vorbild für viele Menschen sein kann. Zum Einen hat Abraham vielleicht die Wahrheit gesagt, da Sara möglicherweise nicht nur seine Frau, sondern auch seine Halbschwester war und er einmal dies oder einmal jenes hervorkehrte. Zum Anderen geht es hier um das Ehe- und Treue-Verständnis. Eifersucht und viele andere negative Einflüsse in einer Beziehung gründen in Besitzansprüchen, die auch die Basis von Steinigungen sind. Das gegenseitige „Loslassenkönnen“ ist ein Segen und solange nicht beiderseitige Verpflichtungen z.B.: gegenüber Kindern bestehen (und selbst dann), ist eine den Umständen angepasste Offenheit und individuelle Freiheit unverzichtbar. Das „bis der Tod euch scheide“ hat hier vom Einzelnen unbeeinflussbare natürliche und von Gott gewollte Grenzen.
- ♦ Die Wege Lots, des Neffen Abrahams, führen in die wasserreiche Gegend um Sodom und Gomorrha. Nach der Befreiung Lots aus der Gefangenschaft von Kedor-Laomer wird Abraham, der Lot zu Hilfe kommt, durch Melchisedek, den König von Salem (dem heutigen Jerusalem), gesegnet. Zweimal erhält Abraham die Verheißung einer zahlreichen Nachkommenschaft.
- ♦ Abraham zeugt auf Anraten Saras, die bis dahin unfruchtbar geblieben war, mit der ägyptischen Sklavin Hagar den Sohn Ismael. Ein solcher „geplanter“ Ehebruch wurde zur Erlangung eines Stammhalters und Erbens damals moralisch nicht als verwerflich betrachtet. Abrahams Gottwohlgefälligkeit bekommt hier aber dennoch die ersten Risse. Es ist nicht der „Ehebruch“ als solcher, der ihn mit Gott entzweit, sondern, dass er Saras Worten mehr vertraut als Gott selber. Sara überwirft sich mit Hagar und später kommt es auch zu einem vollständigen Bruch.
- ♦ Mit 99 Jahren vollzieht Abraham infolge göttlicher Eingebung bei sich und den Seinen die Beschneidung. In unserem Beitrag „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ wurde dies schon früher aufbereitet.
- ♦ Eine interessante und viel zu wenig beachtete Begebenheit ist, wie Abraham mit Gott um die Anzahl der Gerechten zur Errettung von Sodom und Gomorrha feilscht. Gott offenbart sich hier als ein lebendiger mit dem Menschen interagierender Gott. Dass Gott beim „Pockern“ immer gewinnt, steht für seine Gottheit. Gott siegt dabei aber nicht durch seine Macht, die er uneingeschränkt im höchsten Maße hat, oder durch die Unterwerfung des Gegenüber, sondern durch sein strahlendes und reines Antlitz das alles andere in tiefe dunkle Schatten hüllt. In besonderer Weise offenbart dies Jesus, der durch die Kreuzigung die gesamte damalige und zukünftige Menschheit bis auf die Knochen beschämt und sie jeder Würde und Achtung beraubt.
- ♦ Als Sara den verheißenen Sohn Isaak gebiert, kommt es zum endgültigen Bruch mit der Sklavin Hagar, die mit ihrem Sohn Ismael weggeschickt wird. Die Nachkommenschaft Ismaels sind die Ismaeliten, die, die auch heute noch die Halbinsel Sinai besiedelten und von denen die Araber und auch die Moslems abstammen sollen. Ismael dürfte vermutlich schon ein Jüngling oder gar ein erwachsener Mann gewesen sein, als er mit seiner Mutter in die Wüste geschickt wurde. Gott segnete auch Ismael und sagte, dass er ein wilder Mann sein werde und er gegen jeden und jeder gegen ihn Hand erheben werde (1.Moses 16,12) – Worte Gottes, die sich auch heute noch in den Nachkommen erfüllen.
- ♦ Der letzte Akt Abrahams ist wohl der Unverständlichste, da Gott hier oft als Sadist, Kindermörder, Egoist, grausamer Prüfer oder ähnlich dargestellt wird. Abraham erkennt in einem Traum den Willen Gottes zur Opferung seines einzigen und tief geliebten Sohnes Isaak. Kurz vor der tatsächlichen Opferung Isaaks fährt aber ein Engel Abraham ins Schwert und verhindert so die Bluttat. Seither wird im islamischen Glauben zum Höhepunkt des Haddsch das Opferfest oder Id al-Adha mit der rituellen Schlachtung von Tieren begangen. Das eifrige Temperament ist Abraham an dieser Stelle ganz besonders zum Verhängnis geworden und das wird offenbar vielerorts als Heldentat Abrahams gefeiert. Abraham konnte nicht klar zwischen materieller und geistiger Welt trennen und war als Traumdeuter nicht im Spitzenfeld. Details dazu sind in unserem Artikel „Was Gott uns sagen will“ aufbereitet.
Gotteseifer und zu große Leidenschaft waren wohl Abrahams größte Schwächen oder Sünden. Selig ist, wer sonst keine Sünden hat - er wird sicher in Gott einen milden Richter finden. Abraham sollte uns aber auch lehren, dass selbst harmlose Fehler große Folgen haben können.
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Sündigen ist menschlich;
sich der begangenen Sünden rühmen ist teuflisch.
Girolamo SAVONAROLA (21. Sep. 1452 – 23. Mai 1498)